Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden

Eine lange Zeit galt für einige (teils mittlerweile Hochsemester) und gilt nach wie vor für einige die Überzeugung, einen sicheren Arbeitsplatz inne haben zu wollen, auch wenn die Tätigkeit vielleicht nicht das sprichwörtliche Gelbe vom Ei ist. Es ist schließlich bequem auf dem Stuhl zu sitzen, auf dem mein Hintern zwölf Jahre lang eine nun passgenaue Form hinterlassen hat, um einen guten Sitz zu haben. Jetzt wechseln? Oder etwas an meiner Position verändern? Dann muss ich ja wieder bei Null beginnen. Nein Danke.

Die Zeiten ändern sich

Für viele (vielleicht sogar mittlerweile die aller meisten) ist das Gehalt zwar nach wie vor ein äußerst wichtiger Faktor bei der Berufswahl, allerdings nicht zwangläufig mehr der wichtigste. Sinnhaftigkeit, der Wunsch individuelle Kompetenzen unter Beweis stellen zu wollen sowie eine klare Perspektive im Berufsleben haben deutlich an Gewichtung gewonnen. Insbesondere die bösen Gen… Darf ich das sagen? Generations Y & Z (sorry!) haben einen ganz anderen Bezug zur Arbeit, zum Arbeitsplatz und zum Arbeitgeber als es beispielsweise die Babyboomer:innen haben / hatten. Arbeitszeit wird Lebenszeit. Arbeit wird persönlich. Arbeit ist Leben.

Versteht mich nicht falsch. Auch vor 20 oder 40 Jahren haben Arbeitnehmende nicht alles mit sich machen lassen. Auch hier wurde sich in Gewerkschaften organisiert und nicht immer nur nach der Nase einer bestimmten Person getanzt. Letztlich – so hörte ich – wurde zumeist aber doch das Wort des höher Positionierten angenommen und umgesetzt. Heute sieht es etwas anders aus: Es entstehen Debatten und Diskussionen.

Die „jungen Wilden“ haben in keiner Weise den Respekt vor Älteren oder Vorgesetzten verloren. Es kommt jedoch häufiger vor, dass eigene Impulse eingebracht werden, auch wenn sie der Meinung eines anderen nicht vollends gleichen. Der Grund dahinter wird oftmals als „Hauptsache widersprechen“ abgestempelt, ohne Aussagen zu hinterfragen. Doch ein unbedingtes Wiedersprechen steckt nicht dahinter. Fest definierte Prozesse, Produkte, Strukturen, Verantwortungen, Feedbackverhalten, Unternehmenswerte und -kulturen werden immer mit dem Ziel in Frage gestellt, das beste herausholen zu wollen! Nicht um zu widersprechen.

Die konstruktiven (!) Auseinandersetzungen sind hilfreich, um einen gemeinsamen Nenner zu finden, der sowohl die Produktivität als auch die Effizienz und damit den Unternehmenserfolg mitbestimmt. Doch wer ist hier in der Verantwortung? Für mich ganz klar: HR.

Wir müssen anfangen gesamtunternehmerisch zu denken. Und wenn ich „wir“ sage, meine ich alle Arbeitnehmenden, Unternehmer:innen und Selbstständige, die HR-relevante Themen in ihrem täglichen Tun zu ihrem Verantwortungsbereich zählen dürfen. Dazu gehört auch jede einzelne Führungskraft, die es verstehen muss, ihre Schützlinge nicht nur fachlich hervorragend, sondern auch disziplinarisch zumindest gut führen zu können. Wobei auch in Bezug auf Führung die Fassade langsam bröckelt und neue Gedankengänge die Arbeitswelt bereichern (dazu ein anderes Mal mehr).

Und was nun? Call to Action!

Wir als HRler:innen stehen in der Verantwortung ein unternehmensweites Bewusstsein für Entwicklung zu schaffen, um die Basis einer gut funktionierenden Organisation mit Perspektive gewährleisten zu können. Persönliche Entwicklung ebenso wie betriebliche. Dazu gehört, egal wie großartig und spannend uns einige Ideen, Features, Veränderungen oder andere Dinge erscheinen mögen, den ersten Schritt zu gehen, bevor wir den dritten oder zehnten gehen möchten.

Und der erste Schritt ist immer, immer, immer das Commitment der Arbeitnehmerschaft. Das bedeutet nicht, dass erst 100% der Belegschaft einen Fortschrittsantrag unterschreiben müsse, doch es ist überlebenswichtig, einen Großteil derer dort abzuholen wo sie stehen und sie über Chancen gleichermaßen aufzuklären wie über Risiken.

Lasst Bedenken zu und erstickt sie nicht im Keim. Jeder Gedanke kann der eine sein, der ein Produkt, einen Menschen oder auch das Unternehmen besser macht. Ist eine Idee in euren Augen Müll, begründet euren Standpunkt. Feedback ist wichtig. Sehr wichtig. Sogar so wichtig, dass ein Mitarbeitendengespräch pro Jahr gar nicht alles abdecken kann. Zusätzlich fehlt der Bezug zum damals abgehandelten Prozess. Feedback muss zeitnah, reflektiert und in alle Richtungen auf Augenhöhe geschehen dürfen.

Sich mit den Gedanken derer auseinanderzusetzen, die täglich in Zusammenarbeit stehen, ist elementar zum Erhalt des Engagements. Stichwort: Mitarbeitendenbindung. Liebe Babyboomer:innen, Gen X, Y & Z, Geschäftsführende, Abteilungs- und Teamleitende und Sachbearbeitende (auch verschiedener Verantwortungsbereiche!), liebe Menschen jeglicher Diversität, dieser Apell geht an euch: Sprecht! Am besten miteinander und nicht übereinander.

Und mittlerweile sollte auch in den abgeschottetsten Räumen angekommen sein, dass Mitarbeitende motivierter und damit nicht nur leistungsfähiger, sondern vor allem auch leistungswilliger sind als jede/r personifizierte Fachidiot:in, der sich täglich zur Arbeit quält.

Und jetzt kommt das beste: Hole ich meine Mitarbeitende, meine Kolleg:innen, meine Mitmenschen an Bord, habe ich nicht nur die Möglichkeit, verschiedene Blickwinkel und Wissensinseln miteinander zu verbinden, sondern bin gleichzeitig präziser und schneller in der Umsetzung neuer Ideen. Überraschung!

Satisfaction equals progress!

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